Aktuelle Ausgabe

Koelnmesse: "Die Krise treibt uns an!"

27.05.2021

Die Koelnmesse ist auf den Re-Start vorbereitet, erreicht aber auch die Grenze der Belastbarkeit: 2020 und 2021 mit Umsatzeinbrüchen und hohen Verlusten.

Die wirtschaftlichen Einbußen infolge der Pandemie sind gravierend, Durchhaltewillen und der Glaube an die Zukunft aber ungebrochen. "Die Krise treibt uns an", sagt Gerald Böse, Vorsitzender der Geschäftsführung der Koelnmesse. "Sie hat unsere Kreativität befeuert, uns zu neuen Ideen motiviert und digitale Entwicklungen beschleunigt." Aber: "Sie führt uns auch an unsere finanziellen Grenzen." Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker richtet ihren Blick fest auf die Zeit, "wenn es wieder Messegäste gibt in unserer Stadt": "Die Koelnmesse", so die Vorsitzende des Aufsichtsrats im Rahmen der digitalen Jahres-Pressekonferenz, "hat die Zeit genutzt, um sich darauf vorzubereiten, nach der Krise durchzustarten und das Unternehmen schnellstmöglich wieder auf Kurs zu führen."

"Unsere Aussteller brauchen zeitlichen Planungsvorlauf. Nur mit konkreten und belastbaren Öffnungsszenarien der politisch Verantwortlichen in Deutschland kann es uns gelingen, unsere Kunden zu motivieren und den Betrieb wieder aufzunehmen. Ansonsten läuft der Messeplatz Deutschland Gefahr, den weltweiten Anschluss zu verlieren", so Böse weiter. Die jüngsten Nachrichten aus dem NRW-Wirtschaftsministerium, Messen bei nachhaltiger Inzidenz unter 50 wieder zuzulassen, seien ein Schritt in die richtige Richtung, der "unseren Herbstmessen ein Stück weit Planungssicherheit bietet." Die aktuelle Coronaschutzverordnung des Landes sieht wie frühere Bestimmungen wieder Vorgaben von sieben Quadratmetern Ausstellungsfläche pro Person vor. "Damit können wir unsere Vorbereitungen fortsetzen. Die Politik hat uns wieder auf dem Schirm."

Ready for Re-Start: Neue Formate und Leistungen
Die Koelnmesse ist startbereit. Sie hat im Verlauf der Pandemie in kürzester Zeit digitale Messekonzepte und Geschäftsmodelle generiert und umgesetzt, hybride Formate und Ganzjahreskonzepte entwickelt.
Ihr Sicherheitskonzept B-Safe4business stellt sicher, dass Messen auch in Zeiten der Pandemie möglich sind. Sie bietet ihren Kunden in Zukunft auf dem Gelände wie im Netz neue digitale Leistungen und hat die digitale Fitness des Koelnmesse-Teams kontinuierlich verbessert. Mit Unterstützung der Gesellschafter wird das Investitionsprogramm Koelnmesse 3.0 weiter vorangetrieben.

94,3 Millionen Euro Umsatz im Jahr  2020
Der nun vorgelegte Geschäftsbericht 2020, der seinerseits den Titel "Ready for Re-Start" führt, weist massive Einbrüche aus. 94,3 Millionen Euro erreicht der Umsatz des Jahres 2020, der Jahresfehlbetrag liegt bei 109,6 Millionen Euro.
Zum Vergleich: Im Rekordjahr 2019 hatte die Koelnmesse 413 Millionen Euro umgesetzt und mehr als 30 Millionen Euro Gewinn gemacht. Nach den Worten von Finanz-Geschäftsführer Herbert Marner wurde das überdurchschnittlich hohe Eigenkapital von mehr als 250 Millionen Euro von Beginn 2020 bis zum Jahresende fast zur Hälfte aufgebraucht. Es reiche aber aus, um auch die bisher bekannten und eventuell weitere Ausfälle in 2021 zu tragen. Dies gelte bis auf Weiteres auch für die Liquidität. "Bei weiter andauernden Messeverboten werden wir in 2022 gegebenenfalls weiteren Finanzierungsbedarf haben. Alle Prognosen", so Marner weiter, "hängen natürlich ebenfalls von der weiteren Corona-Politik ab. Stand heute planen wir - einen Re-Start im Laufe des zweiten Halbjahrs vorausgesetzt - für 2021 mit einem Umsatz deutlich unter 200 Millionen Euro." Für 2021 rechnet das Unternehmen außerdem mit weiteren signifikanten Verlusten.

Die Koelnmesse hat der Krisensituation bereits im April 2020 mit der Beantragung einer seitdem andauernden Kurzarbeit, straffer Sparpolitik und weitgehendem Einstellungsstopp Rechnung getragen. Im Jahresschnitt waren bei der Koelnmesse GmbH, der Koelncongress GmbH und den 11 Auslandsgesellschaften des Konzerns 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.

Seit März 2020 keine Eigenveranstaltungen mehr in Köln
An 16 eigenen und 4 Gastveranstaltungen beteiligten sich 2020 über 6.500 Anbieter aus 81 Ländern und mehr als 400.000 Besucherinnen und Besucher aus 169 Nationen. 9 eigene Veranstaltungen fanden im Inland, 7 im Ausland statt. 7 waren rein digitale Events. Seit März des vergangenen Jahres hat auf dem Messegelände keine eigene physische Veranstaltung mehr stattgefunden. Bis Ende August wird dies so bleiben, weil auch die gamescom vom 25. bis 27.08.2021 zum zweiten Mal nach 2020 als rein digitales Format durchgeführt wird. Im Ausland dagegen ist auch der physische Re-Start schon erfolgt: Zur interzum guangzhou im März 2021 beispielsweise hat sich die Besucherzahl von 2019 um rund 20 Prozent auf circa 200.000 erhöht. Die Anufood China feierte mit fast 20.000 Fachbesuchern ein großartiges Debüt am neuen Standort Shenzhen - ein Plus von über 60 Prozent.

"Digitale Veranstaltungen haben Maßstäbe gesetzt"
Oliver Frese, in der Geschäftsführung als Chief Operating Officer für die Portfolioentwicklung der Koelnmesse verantwortlich, sieht wesentliche Veränderungen in der Struktur der Veranstaltungen: "Wir haben uns in den vergangenen Monaten noch stärker als zuvor der Entwicklung hybrider und digitaler Messeerlebnisse bis hin zur ganzjährigen Online-Präsenz unserer Messemarken gewidmet. Unsere digitalen Veranstaltungen wie die gamescom, aber auch die interzum @home, die Dmexco @home und die h+h cologne @home, haben Maßstäbe in ihren jeweiligen Industrien gesetzt und machen uns zum digitalen Vorreiter der Messebranche. Noch bleiben die Umsätze der digitalen Komponenten aber hinter denen physischer Messen zurück. Aber wir arbeiten aktiv daran, zukünftig noch mehr Gewinn bringende digitale Leistungen für unsere Kunden zu entwickeln." Die Veranstaltungen ab September, darunter Kind + Jugend, IDS und Anuga, sind als hybride Formate geplant.

Ausbau des Messeportfolios mit Premieren 2022 
Ein wichtiges Signal, dass nicht nur regionale Veranstaltungen möglich sind, ist die Expo Dubai im Oktober mit dem Deutschen Pavillon, den die Koelnmesse im Auftrag des Bundes organisiert und durchführt. Der Bau steht, die Exponate der Ausstellung werden installiert. Darüber hinaus expandiert die Koelnmesse mit ihren Erfolgsmarken und aus ihrem starken Veranstaltungsportfolio heraus in neue Märkte und kündigte eine Reihe von Premieren an. Im April 2022 gibt es in Tokio mit der ISM Japan und der Orgatec Tokyo gleich zwei neue Messen. Im selben Monat geht die Kind + Jugend ASEAN in Bangkok, Thailand an den Start. Im Mai 2022 ist in Köln Premiere der polisMobility, einer bisher einzigartigen Veranstaltung, die konsequent auf zukunftsorientierte Mobilität im städtischen Umfeld ausgerichtet sein wird und über das Messegelände hinaus auch das städtische Kölner Umfeld einbezieht.

Investitionsprogramm Koelnmesse 3.0 geht weiter
Das Unternehmen hält weitgehend an seinem Investitionsprogramm Koelnmesse 3.0 als wesentlichem Bestandteil seiner Zukunftssicherung fest. Die neue Halle 1 ist fertiggestellt und betriebsbereit. Der Bau des Confex, der zukünftigen Eventlocation für Conferences und Exhibitions, die mit maximaler Flexibilität eine Blaupause für Veranstaltungen der Post-Corona-Zeit darstellt, wird fortgesetzt. Böse: "Das Confex wird ab 2024 Events, Kongresse und Messen neuen Zuschnitts nach Köln bringen, die der Standort bisher nicht bedienen konnte. Insgesamt wurde Koelnmesse 3.0 aber repriorisiert und auf einen längeren Zeitraum bis 2034 gestreckt."


 
 

Bei Facebook, Twitter oder Google+ weiterempfehlen:

Twitter aktivieren
Google+ aktivieren
 
 
 

TFI - Trade Fairs International - Das Wirtschaftsmagazin für Messen und Events.

© 2006 - 2024 by TFI-Verlagsgesellschaft mbH. Alle Rechte vorbehalten. Für die Inhalte externer Links und fremder Inhalte übernimmt die TFI-Verlagsgesellschaft mbH keine Verantwortung.

 
 

TFI-Know-how