Wie lässt sich die Terrorangst auf Veranstaltungen überwinden?

Die Berichterstattung über Terroranschläge oder Amokläufe ist weltweit mittlerweile so umfassend, dass ihr niemand entkommt. Doch warum empfinden wir gerade nach größeren Katastrophen ein erhöhtes Maß an Angst und was können wir dagegen tun?

Photo: Olaf Jastrob, Jana Domrose
Photo: Olaf Jastrob, Jana Domrose

Experten:
Jana Domrose
Olaf Jastrob
Technische Unternehmensberatung Jastrob
Geilenkirchen

Gefühlte und echte Risiken
Für uns Menschen ist es oftmals schwierig, Risiken realistisch einzuschätzen. Ein anschauliches Beispiel stammt aus der Zeit nach den Anschlägen auf das World Trade Center am 11. September 2001. Aus Angst vor einer erneuten Flugzeugentführung verzichteten viele amerikanische Bürger auf Flugreisen; sie legten längere Strecken stattdessen mit dem Auto zurück. Als Konsequenz aus diesem vermeintlich sicheren Verhalten sind zwischen Oktober und Dezember 2001 rund 1.000 Amerikaner mehr ums Leben gekommen – als es gemäß Statistiken der beiden Vorjahre zu erwarten gewesen wäre. Ein weiteres Beispiel für Fehleinschätzungen ist das Rauchen, an dessen Folgen 2013 in Deutschland rund 121.000 Menschen starben. Trotzdem rauchen noch immer ein Drittel der Erwachsenen regelmäßig. Dagegen gab es im gleichen Jahr in Deutschland keinerlei Todesopfer durch Terroranschläge, 2016 waren es zwölf. Obwohl dies gegenüber den Auswirkungen des Zigarettenkonsums niedrig ist, meiden wir kurz nach einem Anschlag öffentliche Versammlungen und Plätze.

Der Einfluss von Emotionen
Die beschriebenen Fehleinschätzungen sind oft eine emotionale Reaktion darauf, dass zahlreiche Menschen zum gleichen Zeitpunkt und unerwartet ums Leben kommen. Sterben dagegen viele Menschen über das Jahr verteilt, löst das nur wenig Angst in uns aus. Auch die mediale Aufmerksamkeit spielt eine nicht ganz unwichtige Rolle. Je mehr Bilder und Videos uns präsentiert werden, desto intensiver werden wir mit dem Ereignis konfrontiert. Die Folge: In ähnlichen Situationen wie bei öffentlichen Veranstaltungen erinnern wir uns umso stärker an die Eintrittsmöglichkeit der Katastrophe.

Der Besuch von Veranstaltungen ist statistisch viel sicherer als das Arbeiten im Haushalt. (Photo: TFI)
Der Besuch von Veranstaltungen ist statistisch viel sicherer als das Arbeiten im Haushalt. (Photo: TFI)

Das Bedürfnis nach Kontrolle
Je weniger Kontrolle wir über ein Ereignis haben, desto eher sind wir geneigt, seine Bedrohlichkeit zu überschätzen. Im Flugzeug etwa geben wir die Kontrolle in fremde Hände. Aufgezwungene Gefahren wie Terrorismus wirken zudem bedrohlicher als freiwillig in Kauf genommene Risiken wie das exzessive Rauchen. Deshalb fällt vielen der Aufenthalt bei öffentlichen Versammlungen oder Veranstaltungen nach Attentaten schwer. Wir wissen nicht, wer sich dort aufhält und welche Gesinnung unsere Mitmenschen haben.

Die Einordnung von Risiken
Am Tag nach einem Anschlag oder Unglück ist es für jeden schwierig, objektiv mit der Angst umzugehen. Der Kontakt zu Familie, Medien und der Bevölkerung erhöht eher das Gefühl von Gefahr. Es bringt auch nichts dies zu verdrängen und mit negativen Gedanken zu einem Event zu gehen. Andererseits würde die Lebensqualität sinken, wenn wir uns dauerhaft ins Schneckenhäuschen verziehen. Wer Veranstaltungen aus Sicherheitsgründen meidet, dürfte sich dann auch nicht an anderen Orten aufhalten, wo es Menschenansammlungen gibt – in der Fußgängerzone, im Kaufhaus, im Supermarkt, in Restaurants, im Bahnhof oder anderswo. Helfen kann die Einordnung von Risiken: Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht, weder im öffentlichen Raum, noch in den eigenen vier Wänden. Statistisch gesehen ist das Risiko, im Haushalt zu sterben, um ein Vielfaches größer als bei einem Terroranschlag oder einem Flugzeugabsturz. Wer sich das klar macht, geht mit Bedrohungen möglicherweise gelassener um. Auch hilft es, sich im Vorfeld eines Veranstaltungsbesuchs mit den allgemeinen Sicherheitsaspekten vertraut zu machen. Wo sind in einem Stadion die Notausgänge, wie verhalte ich mich im Fall des Falles richtig? Zwar bleibt das Risiko gleich, aber das Empfinden gut vorbereitet zu sein, kann dazu beitragen, sich sicherer zu fühlen.

Das Erhöhen der Sicherheit
Veranstaltungsbesucher haben einen aktiven Einfluss auf die Sicherheit, in dem sie ein Auge auf ihre Umgebung haben. Das betrifft nicht nur den gern zitierten herrenlosen Koffer, sondern auch andere Dinge, beispielsweise Brandquellen. Grundsätzlich ist es besser lieber einmal zu viel Alarm zu schlagen, als einmal zu wenig. Für die gefühlte Sicherheit hilft es außerdem, wenn die Veranstalter dafür sorgen, dass Besucher eine Grundsicherheit – wie die Anwesenheit von Security oder Sanitätskräften – wahrnehmen. Eine positive Wirkung hat das Vorhandensein von Ansprechpartnern, an die sich Teilnehmer wenden können. Allerdings kann ein Übermaß an Sicherheitsaktivitäten auch das Gegenteil bewirken, nämlich das Unsicherheitsgefühl erhöhen. Deshalb ist es ratsam, dass Veranstalter einen gesunden Mittelweg gehen. 

Jana Domrose ist Master of Science, Psychologie, und Olaf Jastrob Fachplaner Besuchersicherheit (FH). Weitere Infos zum Thema finden sich im Blog www.sichere-veranstaltung.de 

Dieser Beitrag ist erschienen in TFI Heft 1/2017

 
 

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